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Die Gabe der Barmherzigkeit

Definition und Wortbedeutung

Der Begriff „Barmherzigkeit“ im Kontext der Geistesgaben stammt aus Römer 12,8, wo Paulus von „ἐλεέω“ (eleéō) spricht. Dieses griechische Wort und verwandte Begriffe haben folgende Bedeutungen:

  • ἐλεέω (eleéō): bedeutet „Barmherzigkeit erweisen“, „Mitleid haben“, „Erbarmen zeigen“, „mitfühlend handeln“ oder „aus Mitgefühl helfen“. Es beschreibt eine aktive Haltung des Mitgefühls, die sich in konkreten Handlungen äußert.
  • ἔλεος (éleos): das entsprechende Substantiv, bedeutet „Barmherzigkeit“, „Mitleid“, „Erbarmen“ oder „mitfühlende Hilfe“.
  • σπλάγχνα (splánchna): ein verwandtes Konzept im Neuen Testament, das wörtlich „Eingeweide“ bedeutet und metaphorisch für tiefes Mitgefühl oder „Herzensanliegen“ steht.

Die Gabe der Barmherzigkeit bezieht sich somit auf eine besondere Befähigung durch den Heiligen Geist, tiefes Mitgefühl für leidende, notleidende oder bedürftige Menschen zu empfinden und dieses Mitgefühl in praktische, liebevolle Hilfe umzusetzen. Es geht um mehr als nur gelegentliche Hilfsbereitschaft – es ist eine besondere Sensibilität für die Not anderer und eine übernatürliche Freude daran, diese Not zu lindern.

Biblische Grundlage

Die primäre biblische Grundlage für die Gabe der Barmherzigkeit findet sich in:

  • Römer 12,8: „…wer Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit.“

Der zweite Teil dieses Verses – „mit Freudigkeit“ (ἐν ἱλαρότητι – en hilarótēti) – ist bedeutsam. Das Wort „hilarotēs“ ist die Wurzel unseres Wortes „Heiterkeit“ und deutet auf eine fröhliche, bereitwillige Haltung hin. Menschen mit der Gabe der Barmherzigkeit dienen nicht widerwillig oder aus Pflichtgefühl, sondern mit echter Freude und Bereitschaft.

Darüber hinaus gibt es weitere Stellen, die das Konzept der Barmherzigkeit beleuchten:

  • Matthäus 5,7: „Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“
  • Lukas 10,30-37: Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter als Paradebeispiel praktizierter Barmherzigkeit.
  • Matthäus 25,31-46: Jesus identifiziert sich mit den Bedürftigen und wertet Barmherzigkeit ihnen gegenüber als ihm selbst erwiesen.
  • Jakobus 2,13: „Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht.“

Die Barmherzigkeit im biblischen Kontext: Altes und Neues Testament

Barmherzigkeit im Alten Testament

Im Alten Testament ist Barmherzigkeit (hebräisch: חֶסֶד – chesed) ein zentrales Attribut Gottes:

  1. Gottes Barmherzigkeit: „Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte“ (Psalm 103,8).
  2. Soziale Gerechtigkeit: Die Tora enthält zahlreiche Gebote zum Schutz und zur Fürsorge für die Schwachen – Witwen, Waisen, Fremde und Arme (5. Mose 10,18-19; 24,17-22).
  3. Prophetische Mahnung: Die Propheten forderten Barmherzigkeit statt leerer religiöser Rituale (Jesaja 58,6-7; Micha 6,8).
  4. Königliche Verantwortung: Gerechte Könige wurden für ihre Barmherzigkeit gegenüber Bedürftigen gelobt.

Barmherzigkeit im Neuen Testament

Im Neuen Testament wird Barmherzigkeit zu einem zentralen Aspekt der Nachfolge Christi:

  1. Jesu Vorbild: Jesus zeigte tiefes Erbarmen für die Kranken, Ausgestoßenen und Sünder (Matthäus 9,36; 14,14).
  2. Jesu Lehre: Er betonte die Bedeutung der Barmherzigkeit in seinen Gleichnissen und Lehren (Matthäus 5,7; 18,21-35).
  3. Frühe Gemeinde: Die Apostelgeschichte berichtet von der Fürsorge der frühen Christen füreinander und für Bedürftige (Apostelgeschichte 4,32-35).
  4. Paulinische Ethik: Paulus ermahnt zu Mitgefühl und praktischer Nächstenliebe (Kolosser 3,12; Galater 6,2).

Kennzeichen und Ausdrucksformen der Gabe der Barmherzigkeit

Kennzeichen

Menschen mit der Gabe der Barmherzigkeit zeigen typischerweise folgende Merkmale:

Freude am Helfen: Eine natürliche Befriedigung und Freude an der Unterstützung anderer.

Empathie: Eine außergewöhnliche Fähigkeit, die Gefühle und Nöte anderer wahrzunehmen und mitzufühlen.

Handlungsorientierung: Ein natürlicher Drang, praktisch zu helfen und Leid zu lindern.

Geduld: Die Bereitschaft, langfristig mit Menschen in schwierigen Situationen zu arbeiten.

Akzeptanz: Eine nicht-urteilende Haltung gegenüber Menschen in Not, unabhängig von deren Hintergrund oder den Ursachen ihrer Situation.

Feinfühligkeit: Ein besonderes Gespür für die emotionalen und seelischen Bedürfnisse anderer.

Ausdauer: Die Fähigkeit, auch bei wenig sichtbarem Erfolg weiterzuhelfen und nicht aufzugeben.

Ausdrucksformen

Die Gabe der Barmherzigkeit kann sich in verschiedenen Formen manifestieren:

  1. Praktische Hilfe: Konkrete Unterstützung für Menschen in materieller Not – Essen, Kleidung, Unterkunft, finanzielle Hilfe.
  2. Emotionale Unterstützung: Zuhören, Trösten und Begleiten von Menschen in emotionalen Krisen oder seelischen Nöten.
  3. Fürsorgende Präsenz: Zeit mit Menschen verbringen, die einsam, krank oder verletzt sind, einfach da sein.
  4. Pflege: Sich um die physischen Bedürfnisse kranker, alter oder behinderter Menschen kümmern.
  5. Advocacy: Sich für die Rechte und Bedürfnisse derer einsetzen, die keine Stimme haben.
  6. Vergebung und Versöhnung: Bereitschaft zur Vergebung und Vermittlung bei Konflikten.
  7. Rehabilitative Arbeit: Unterstützung von Menschen auf dem Weg zurück in ein gesundes, unabhängiges Leben.

Theologische Perspektiven zur Gabe der Barmherzigkeit

Verschiedene theologische Traditionen betonen unterschiedliche Aspekte der Barmherzigkeit:

1. Die katholische und orthodoxe Perspektive

Diese Traditionen betonen:

  • Die leiblichen und geistlichen Werke der Barmherzigkeit als konkrete Praxis des Glaubens.
  • Die sakramentale Dimension der Barmherzigkeit – Christus im Bedürftigen zu begegnen.
  • Die institutionalisierte Form der Barmherzigkeit durch karitative Organisationen und Orden.
  • Die Verbindung zwischen Barmherzigkeit und sozialer Gerechtigkeit in der Soziallehre.

2. Die evangelische Perspektive

Diese Tradition betont oft:

  • Barmherzigkeit als Reaktion auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit uns gegenüber.
  • Die individuelle Verantwortung jedes Christen, Barmherzigkeit zu üben.
  • Die Motivation der Barmherzigkeit aus Dankbarkeit statt als Werkgerechtigkeit.
  • Die Verbindung von Barmherzigkeit und Evangelisation – „Wort und Tat“.

3. Die befreiungstheologische Perspektive

Diese Sichtweise betont:

  • Die strukturelle Dimension der Barmherzigkeit, die über individuelle Hilfe hinausgeht.
  • Die Option für die Armen als zentrale Verpflichtung der Kirche.
  • Die Notwendigkeit, ungerechte Systeme zu transformieren, nicht nur ihre Symptome zu lindern.
  • Die politische Dimension der Barmherzigkeit als Einsatz für Gerechtigkeit.

Die Gabe der Barmherzigkeit in der Praxis

Die Gabe der Barmherzigkeit kann in verschiedenen Kontexten und auf verschiedene Weisen praktiziert werden:

1. In der Gemeinde

  • Besuchsdienste für Kranke, Alte und Einsame
  • Seelsorge und Beratung für Menschen in Krisensituationen
  • Praktische Hilfe für Familien in schwierigen Umständen
  • Integration von Randgruppen und Ausgegrenzten

2. In sozialen und diakonischen Diensten

  • Arbeit in Obdachloseneinrichtungen, Suppenküchen oder Kleiderkammern
  • Betreuung von Menschen mit Behinderungen
  • Pflege von Kranken und Sterbenden
  • Rehabilitation von Suchtkranken oder Strafentlassenen

3. In der Gesellschaft und Nachbarschaft

  • Nachbarschaftshilfe und Engagement im lokalen Umfeld
  • Ehrenamtliche Arbeit in kommunalen sozialen Projekten
  • Einsatz für benachteiligte Gruppen oder Minderheiten
  • Initiativen zur Integration von Migranten oder Flüchtlingen

4. In globalen Kontexten

  • Unterstützung internationaler Hilfsorganisationen
  • Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit
  • Einsatz für globale Gerechtigkeit und fairen Handel
  • Katastrophenhilfe und humanitäre Unterstützung

Die Balance zwischen Barmherzigkeit und anderen Werten

Die Ausübung der Gabe der Barmherzigkeit erfordert eine ausgewogene Integration mit anderen biblischen Werten:

1. Barmherzigkeit und Wahrheit

  • Spannung: Wie kann man barmherzig sein, ohne Wahrheit zu kompromittieren?
  • Integration: „Wahrheit in Liebe sagen“ (Epheser 4,15)
  • Beispiel Jesu: Bei der Ehebrecherin verurteilte er nicht, forderte aber auf: „Sündige nicht mehr“ (Johannes 8,11)

2. Barmherzigkeit und Gerechtigkeit

  • Spannung: Wann helfen und wann Konsequenzen zulassen?
  • Integration: Sowohl für unmittelbare Not sorgen als auch für langfristige Gerechtigkeit arbeiten
  • Biblisches Prinzip: „Er hat dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ (Micha 6,8)

3. Barmherzigkeit und Abhängigkeit

  • Spannung: Wie helfen, ohne schädliche Abhängigkeiten zu schaffen?
  • Integration: Empowerment und Hilfe zur Selbsthilfe als Aspekte echter Barmherzigkeit
  • Weisheit: Die richtige Art der Hilfe für die jeweilige Situation finden

4. Barmherzigkeit und Grenzen

  • Spannung: Wie großzügig helfen, ohne sich selbst zu überfordern?
  • Integration: Anerkennung der eigenen Grenzen und Gottes unbegrenzter Ressourcen
  • Jesu Vorbild: Er zog sich zurück, um zu beten und neue Kraft zu schöpfen (Lukas 5,16)

Biblische Beispiele der Gabe der Barmherzigkeit

1. Der barmherzige Samariter (Lukas 10,30-37)

Als das paradigmatische Beispiel von Barmherzigkeit:

  • Er überwand ethnische und religiöse Barrieren, um einem Feind zu helfen
  • Er leistete praktische Hilfe – Wundversorgung, Transport, Unterkunft
  • Er investierte seine eigenen Ressourcen – Zeit, Geld, Energie
  • Er sorgte für Nachbetreuung und langfristige Versorgung

2. Tabita/Dorkas (Apostelgeschichte 9,36-42)

Als Beispiel weiblicher barmherziger Dienste:

  • Sie war „voll guter Werke und Almosen“
  • Sie nähte Kleider für Witwen und andere Bedürftige
  • Ihre Barmherzigkeit hatte solchen Einfluss, dass nach ihrem Tod die Gemeinschaft trauerte
  • Petrus wurde geholt und erweckte sie wieder zum Leben

3. Barnabas (Apostelgeschichte 4,36-37; 9,26-27)

Als Beispiel für materielle und emotionale Unterstützung:

  • Er verkaufte seinen Acker und gab das Geld für die Bedürftigen
  • Er nahm sich Paulus an, als andere Apostel ihm misstrauten
  • Er gab Johannes Markus eine zweite Chance nach seinem Versagen
  • Sein Spitzname „Sohn des Trostes“ spiegelt seinen Charakter wider

4. Jesus Christus

Als das vollkommene Vorbild der Barmherzigkeit:

  • Er wurde „innerlich bewegt“ angesichts menschlicher Not (Matthäus 9,36; 14,14)
  • Er heilte Kranke, trieb Dämonen aus und speiste Hungrige
  • Er berührte die Unberührbaren – Aussätzige, Blutflüssige, Tote
  • Seine Barmherzigkeit erstreckte sich auf alle, einschließlich Zöllner, Sünder und Ausgestoßene

Gefahren und Herausforderungen

Die Gabe der Barmherzigkeit birgt auch spezifische Versuchungen und Herausforderungen:

  1. Helfer-Syndrom: Die Gefahr, eigene emotionale Bedürfnisse durch ständiges Helfen zu kompensieren.
  2. Burnout: Die Erschöpfung durch übermäßiges Engagement ohne ausreichende Selbstfürsorge.
  3. Ungesunde Abhängigkeiten: Das Risiko, bei anderen Abhängigkeit statt Selbständigkeit zu fördern.
  4. Naive Hilfe: Die Möglichkeit, durch gut gemeinte, aber unkluge Hilfe mehr zu schaden als zu nützen.
  5. Überhöhte Erwartungen: Die Frustration, wenn Hilfe nicht angenommen wird oder nicht die erhofften Ergebnisse bringt.
  6. Vernachlässigung der eigenen Familie: Die Versuchung, so viel für andere zu tun, dass die eigene Familie leidet.
  7. Strafende „Barmherzigkeit“: Die subtile Manipulation oder Kontrolle anderer unter dem Vorwand der Hilfeleistung.

Entwicklung und Förderung der Gabe der Barmherzigkeit

Obwohl die Gabe der Barmherzigkeit ein Geschenk des Heiligen Geistes ist, kann sie gefördert und entwickelt werden:

  1. Sensibilisierung: Bewusste Wahrnehmung der Nöte um uns herum und der eigenen emotionalen Reaktionen.
  2. Perspektivwechsel: Übung in Empathie durch aktives Zuhören und Sich-Hineinversetzen in andere.
  3. Informierte Hilfe: Lernen über wirksame Hilfsansätze und die komplexen Ursachen sozialer Probleme.
  4. Kleine Schritte: Beginnen mit überschaubaren Hilfsprojekten und schrittweise wachsen.
  5. Teamarbeit: Zusammenarbeit mit anderen, um effektiver zu helfen und die Last zu teilen.
  6. Persönliche Grenzen: Entwicklung gesunder Grenzen und Selbstfürsorge-Praktiken.
  7. Reflexion und Gebet: Regelmäßige Reflexion über Motivationen und Gebete um Gottes Weisheit.
  8. Vorbilder: Lernen von Menschen, die diese Gabe vorbildlich ausüben.

Die Gabe der Barmherzigkeit im Verhältnis zu anderen Gaben

Die Gabe der Barmherzigkeit steht in besonderer Beziehung zu anderen Geistesgaben:

  1. Dienen: Während Dienen allgemeiner auf praktische Hilfe ausgerichtet ist, fokussiert sich Barmherzigkeit besonders auf mitfühlendes Handeln gegenüber Leidenden.
  2. Ermutigung/Ermahnung: Beide Gaben beinhalten emotionale Unterstützung, aber Barmherzigkeit konzentriert sich mehr auf Mitgefühl und weniger auf Korrektur.
  3. Geben: Die Gabe des Gebens stellt oft die materiellen Ressourcen bereit, die für barmherzige Dienste benötigt werden.
  4. Unterscheidung: Diese Gabe kann helfen, die wahren Bedürfnisse zu erkennen und die angemessenste Hilfe zu bestimmen.
  5. Heilung: Beide Gaben zielen auf die Wiederherstellung und das Wohlbefinden der Menschen ab, auf unterschiedliche Weise.
  6. Leitung: Leiter mit der Gabe der Barmherzigkeit können besonders effektiv sein im Aufbau einer fürsorglichen Gemeinschaftskultur.

Theologische Reflexion: Barmherzigkeit im Zentrum des Evangeliums

Die Barmherzigkeit steht im Zentrum der christlichen Botschaft:

  1. Gottes Barmherzigkeit als Grundlage: „Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es“ (Epheser 2,8-9).
  2. Barmherzigkeit als Wesensmerkmal christlicher Existenz: „Seid untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus“ (Epheser 4,32).
  3. Barmherzigkeit als Erkennungszeichen: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Johannes 13,35).
  4. Barmherzigkeit als Gottesdienst: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen“ (Jakobus 1,27).
  5. Barmherzigkeit als Maßstab des Gerichts: „Denn es wird ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht“ (Jakobus 2,13).

Aktuelle Herausforderungen und Chancen

Die Ausübung der Gabe der Barmherzigkeit steht heute vor besonderen Herausforderungen und Chancen:

  1. Globale Vernetzung: Die Möglichkeit, über lokale Grenzen hinaus Barmherzigkeit zu üben, aber auch die Überforderung angesichts globaler Nöte.
  2. Professionalisierung: Die Spannung zwischen professioneller Hilfe und persönlicher Anteilnahme.
  3. Digitalisierung: Neue Formen virtueller Barmherzigkeit versus die Bedeutung physischer Präsenz.
  4. Kulturelle Diversität: Die Herausforderung, Barmherzigkeit kulturell angemessen und respektvoll zu praktizieren.
  5. Komplex vernetzte Probleme: Die Notwendigkeit ganzheitlicher Ansätze bei systemischen Problemen wie Armut, Migration oder Klimawandel.

Zusammenfassung

Die Gabe der Barmherzigkeit ist eine besondere Befähigung durch den Heiligen Geist, tiefes Mitgefühl für leidende, notleidende oder bedürftige Menschen zu empfinden und dieses Mitgefühl in praktische, liebevolle Hilfe umzusetzen. Sie manifestiert sich in verschiedenen Formen praktischer und emotionaler Unterstützung und wird charakteristischerweise „mit Freudigkeit“ ausgeübt.

Als Wesensmerkmal Gottes selbst steht die Barmherzigkeit im Zentrum des christlichen Glaubens und Lebens. Jesus Christus verkörpert die vollkommene Barmherzigkeit Gottes und ruft seine Nachfolger auf, ebenso barmherzig zu sein: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Lukas 6,36).

Die Ausübung dieser Gabe erfordert Weisheit und Balance – zwischen unmittelbarer Hilfe und struktureller Veränderung, zwischen gebender Liebe und empowernder Befähigung, zwischen grenzenloser Großzügigkeit und notwendiger Selbstfürsorge. Richtig ausgeübt, wird sie zu einem kraftvollen Zeugnis der verändernden Liebe Gottes in einer oft unbarmherzigen Welt.

Schlüsselverse zur Gabe der Barmherzigkeit

  • Römer 12,8: „…wer Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit“
  • Matthäus 5,7: „Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen“
  • Lukas 6,36: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“
  • Lukas 10,30-37: Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter
  • Matthäus 25,35-40: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“
  • Kolosser 3,12: „So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld“
  • Micha 6,8: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“
  • Jesaja 58,6-7: „Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: […] Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!“
  • Sprüche 14,21: „Wohl dem, der sich der Elenden erbarmt!“
  • Sprüche 14,31: „Wer sich des Armen erbarmt, der ehrt Gott“
  • Psalm 41,2: „Wohl dem, der sich des Schwachen annimmt!“
  • 1. Johannes 3,17-18: „Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm? Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit“
  • Hebräer 13,1-3: „Bleibt fest in der brüderlichen Liebe. Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt. Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene, und an die Misshandelten, weil auch ihr noch im Leibe lebt“
  • Jakobus 1,27: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt halten“
  • Jakobus 2,14-17: „Was hilft’s, […] wenn jemand sagt, er habe Glauben, und hat doch keine Werke? […] Wenn ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und Mangel hat an täglicher Nahrung und jemand unter euch spricht zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was der Leib nötig hat – was hilft ihnen das? So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber“
  • Galater 6,2: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“
  • Philipper 2,1-4: „Macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid. Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient“
  • 2. Korinther 1,3-4: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott“
  • Markus 6,34: „Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben“
  • Apostelgeschichte 9,36: „In Joppe aber war eine Jüngerin mit Namen Tabita, das heißt übersetzt: Gazelle; die war reich an guten Werken und gab Almosen“# Die Gabe der Barmherzigkeit (ἐλεέω – eleéō)